Wer mit einem E-Buggy oder einem Segelboot die Insel Brioni rundet, kommt an dieser bescheidenen Villa vorbei:
Sie ließ Paul Kupelwieser (1843 - 1919) erbauen, österreichischer Industriemagnat.
Kupelwieser, zweiter Sohn des Malers Kupelwieser, wird leitender Mitarbeiter von Rothschild,
Generaldirektor der Eisen- und Stahlwerke in Ternitz, Teplitz und der Witkowitzer Eisenwerke/Tschechien.
Sie sind im 19. und 20. Jahrhundert eines der bedeutendsten Unternehmen der mährischen Schwerindustrie.
Auf relativ kleinem Raum sind Kohleförderung, Kokerei, Roheisenerzeugung, Stahlveredelung und -verarbeitung
sowie Maschinenbau vereinigt. Noch heute prägen die Anlagen das Stadtbild von Vítkovice
und werden manchmal als „Ostravské Hradcany“ (in Anlehnung an den Prager Hradschin) bezeichnet.
Seit 2002 haben die Hochöfen und die Kokerei den Status eines Nationalen Kulturdenkmals der Tschechischen Republik.
1843 verleibt
Albert Salomon Anselm von Rothschild
das Werk seinem persönlichen Besitz ein.
1873 wird die Witkowitzer Bergbau- und Hüttengewerkschaft gegründet, an der die Rothschilds nur mehr 51 % bis
zur Enteignung im Zuge der Arisierung halten. Die Nazis gliedern die Werke in die Reichswerke Hermann Göring ein und
produzieren v. a. Munition sowie später Bauteile für die Rakete V2.
Nach 1945 wird das Unternehmen tschechoslowakischer Staatsbesitz, seit 2005 gehören die Eisenwerke Russen.
Kupelwieser kündigt 1893 bei Rothschild und kauft für 75.000 Gulden einem Venezianer die Brioni-Inseln
ab.
Die Insel ist malariaverseucht, auch Kupelwieser erkrankt. 1900 bietet er
Robert Koch die Insel als Forschungsobjekt an, der sie innerhalb von 2 Jahren malariafrei macht. Koch, anstatt sich auf
die Ausrottung der Stechmücken zu versteifen, infiziert alle Inselbewohner mit Malariaerregern.
Kupelwieser investiert ein Vielfaches des Kaufpreises, errichtet eine Infrastruktur, baut den Hafen aus,
legt eine submarine Wasserleitung vom Festland nach Brioni und errichtet Wirtschaftsgebäude
(Wein- und Milchwirtschaft, Imperialkäse), baut Hotels, ein Strandbad und das erste Winterschwimmbad an der
österreichischen Riviera. Carl Hagenbeck errichtet einen Zoo nach Vorbild des Tierpark Hagenbeck und
beabsichtigt eine Akklimatisierungsstation für seine Tiere. Die Straußenzucht ist wenig erfolgreich, weil sich die Mode änderte.
Die ersten Gäste sind Patienten der Wiener Psychiater. 1906 entdeckt das Kaiserhaus die Insel zur Rekreation,
Stammgäste werden Erzherzog Franz Ferdinand, Marie Valerie und Elisabeth Windisch-Graetz mit ihren Familien.
Die Gäste stammen überwiegend aus dem gehobenen Bürgertum, der Beamtenschaft und Künstler aller Sparten.
Franz Ferdinand benutzt die Insel als repräsentatives Zentrum für Staatsbesuche, so ist Kaiser Wilhelm II. 1912
zu einer Besichtigung hier. Im Ersten Weltkrieg nutzt das Militär die Insel, im eigens
errichteten Mausoleum ist nur seine Frau beigesetzt, er liegt seit 1919 in Wien.
Sohn Karl (1872–1930) setzt das Werk auf den seit Ende des Ersten Weltkrieges italienischen Inseln im Sinne des Vaters fort.
Er lässt ein Spielbank-Casino und den ersten 18-Loch-Golfplatz in Europa bauen. Mit der Errichtung eines Poloplatzes,
dem Bereithalten von Polopferden und dem Ehrgeiz, der elitären Welt hier alles Wünschenswerte anzubieten, übernimmt er sich
aber finanziell. Im Lauf der Weltwirtschaftskrise gerät das Unternehmen Brioni in Schwierigkeiten.
1930 erschießt sich Karl Kupelwieser, Brioni fällt an Italien.