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Bohuslav Lobkowicz
Bohuslav Hasištejnský z Lobkovic
gelehrter "böhmischer Ulysses"
Ego me Germanum esse et profiteor et glorior
Wer in Prag die Vlašská
hinaufgeht, um zur Šporkova 12 zu gelangen, wo Austerlitz die Spuren
seiner ersten Kindheit
wiederfindet, kommt an der Stadtresidenz derer von Lobkowitz vorbei.
In ihrem Garten - das Palais ist Sitz der Deutschen Botschaft in Prag - wird im August 1989
Weltgeschichte geschrieben, als Tausende Bürger der so genannten Deutschen Demokratischen Republik,
die Auslandsreisen als Republikflucht unter schwere Strafe stellt, Zuflucht suchen vor dem Zugriff ihrer Republik,
Palais und Gelände für Wochen besetzen, bis der Außenminister der anderen deutschen so genannten
Bundesrepublik ihnen die Genehmigung ihrer Ausreise verkündet: "Wir sind zu Ihnen gekommen,
um Ihnen mitzuteilen,
dass heute Ihre Ausreise ..." - der Rest des Satzes geht unter im frenetischen Beifall der Republikflüchtigen.
1417 versucht Kaiser Karls IV. schandbarer Sohn Wenzel der Faule (als römisch-deutscher König wegen Unfähigkeit
abgesetzt, von dessen großem Herrschaftsbereich als böhmischer König aber der Wappensaal im Wassersschloß auf der
Pegnitzinsel in Lauf
beredtes Zeugnis ablegt - 1419 trifft ihn beim Fenstersturz von Prag
vor Schreck der Schlag, er stirbt!), die Burg Hassenstein zu erobern.
Die Veste liegt nahe des Grenzübergangs der Handelsstraße von Kaaden nach Zwickau im böhmischen Erzgebirge.
Der Burgherr Heinrich von Plauen auf Petschau, sein gleichnamiger Vetter, Ordensritter Heinrich,
beide im Bunde mit den Raubrittern Boresch von Riesenburg und Tista von Pfraumberg und dem
Burgvogt Liderius Horek, verteidigen die Burg erfolgreich, bis Nikolaus Chudy von Lobkowicz
dem böhmischen König zu Hilfe kommt: Die Einnahme der Burg gelingt, Nikolaus wird erblich mit ihr belehnt,
Heinrich eingekerkert.
Auf der neu ausgebauten Europastraße 442 von Žilina nach Karlovy Vary zweigt kurz nach Komotau nördlich der weithin
sichtbaren Kühltürme eine schmale Straße zum Städtchen Misto ab, wo tief im Wald versteckt sich dieses Kronjuwel
der böhmischen Erzgebirgsburgen 627 Meter über dem Meer auf einem steilen Urkalkfelsen erhebt.
Den geräumigen Burgplatz - wir erreichen ihn über eine hölzerne Brücke durch ein Tor, säumt linker Hand die äußere,
mit drei Bastionen verstärkte Ringmauer. Zwei Gedenktafeln erinnern an Goethes Besuch 1810; unter dem Burgplatz
ein mächtiges Gewölbe.
Durch ein weiteres Tor gelangen wir in den innersten Hof: Palas mit Kapelle und Stiegenturm,
auf der höchsten Felsenkante der mächtige Bergfried. Am schönsten ist der Blick von seinen Zinnnen
im Abendlicht: rundum einsam-ruhiges Erzgebirge, im Süden Egertal mit Braunkohlekraftwerk Tušimice.
1461 wird Bohuslav Lobkowicz auf Burg Hassenstein geboren, wo er auch
1510 stirbt. Früh verliert er seine Eltern, mit 14 beginnt er das Studium der antiken Geschichte und Rechte
in Bologna, später auch in Ferrara, erregt in seiner Jugend durch sein Talent das größte Aufsehen.
In Bologna lernt er Peter Schott, später Domherr von Straßburg kennen,
mit dem er engen Kontakt pflegt. Promoviert kehrt er 1481 zurück, zusammen mit seinen Brüdern
kümmert Bohuslav sich um die Bewirtschaftung der Burggüter, wird dann königlicher Sekretär im Staatsdienst und wirkt
auf Burg Karlstein. Besonderes Interesse hat er an der Geschichte des Altertums. 1490 startet er von
Venedig zu einer 15-monatigen Reise nach Kreta, Zypern, Rhodos, Konstantinopel, Troja, Smyrna, Ephesus,
Palästina, Ägypten, zu den Nilkatarakten, auf den Ätna und nach Karthago - man nennt ihn den böhmischen Ulysses.
Bohuslav Lobkowicz von Hassenstein ist für kurze Zeit Kabinettssekretär am Hof des Ungarnkönigs Wladislaus in Budapest,
kehrt dann aber auf seine Burg zurück, wo er eine bedeutende Sammlung von Büchern und Handschriften anlegt:
die berühmte Lobkowitzsche Familienbibliothek - heute auf Schloss Nelahozeves (Luther und Melanchthon benutzen sie), und ein einsames, ganz Gelehrsamkeit
und Dichtung gewidmetes Leben führt. Er heiratet auch nicht, Frauen hält er für verzärtelt und ungelehrt.
Er schreibt, obwohl er Böhme ist, nie in auf Tschechisch,
- er bezeichnet es als barbarisch, sondern auf Latein, gehört zu den gelehrtesten Männern seiner Zeit.
Alle ihm zugänglichen Bücher und Handschriften kauft er unter Aufwendung großer Mühe mit beträchtlichen Summen
Geldes zusammen. Sein Ruhm dringt in die Lande, zweimal wird er vom Domkapitel in Olmütz
zum Bischof gewählt, ohne aber vom Papst bestätigt zu werden. Ein reger Briefwechsel verbindet ihn mit räumlich weit entfernten Geistern. Bohuslav Lobkowicz auf Burg Hassenstein genießt zu Lebzeiten schon Ruhm, die volle Würdigung erhalten seine Werken erst lange Zeit nach seinem Tode. Und heute? Nicht einmal ein Gedenkstein bezeichnet den Ort, wo der bedeutende Dichter, Gelehrte und Humanist einst lebte ...
Von Ignác Cornova erscheint 1808 in Prag eine Monografie über den Weltweisen auf dem Hassenstein:
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