München: Ludwigs hellenistischer Königsplatz |
Wir stehen außen vor den Propyläen.
König Ludwig regiert Bayern knapp 25 Jahre von 1825 bis zum Revolutionsjahr 1848.
Anfangs betreibt Ludwig gemäßigt liberale Politik, hebt die Pressezensur auf.
1830, mit der Wiederbesiedlung von Kloster Metten beginnt seine kirchliche Restaurationspolitik, bis 1837
folgen 75 Klosterneugründungen. Nach der Julirevolution 1830 in Paris und der Ausbreitung der revolutionären Bewegungen auf weite Teile Europas, zeigt er zunehmend reaktionäre Tendenzen. |
In Edenkoben baut er Villa Ludwigshöhe und die Festung Germersheim. |
Andreas Zaimis
(1791-1840) griechischer Freiheitskämpfer und Regierungschef
während des Unabhängigkeitskampfes. Geboren auf dem nördlichen Peloponnes, war Zaimis
ein Führer der Bewaffneten, die gegen die Ottomanischen Türken fochten, um endlich frei zu sein. Sohn und Enkel waren ebenfalls Premierminister Griechenlands. |
Der inzwischen 62jährige Klenze erhält 1846 den Auftrag zur Bauplanung der Propyläen. Acht Jahre danach wird der Grundstein gelegt. Der Rücktritt des königlichen Auftraggebers 1848 liegt bereits sechs Jahre zurück, der abgedankte Monarch finanziert den Bau aus seiner Privatschatulle.
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Längst obsolet ist die geplante Torfunktion als Kennzeichnung der Stadtgrenze bei Fertigstellung des Monumentalbaus. Die Propyläen dienen fortan als symbolisch-repräsentativer Eingang zum Königsplatz, ebenso schmückend wie funktionslos.
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Die Figuren im Giebel zur Brienner Straße und die Reliefs unter den Fenstern der Pylonen zeigen den mystisch überhöhten Freiheitskampf der Griechen gegen die Türken. |
Der Königsplatz im Stil des europäischen Klassizismus ist ein Zentrum kulturellen Lebens und eines der Hauptwerke des ludovizianischen „Isar-Athen“. Seine Geschichte ist eng mit der Brienner Straße verknüpft. Karl von Fischer, der im Auftrag des damaligen Kronprinzen und späteren Königs Ludwig I. den Weg von der Münchner Residenz zum Schloss Nymphenburg als Pracht- und Hauptstraße ausbaut, bricht den starren Rasterplan der Maxvorstadt an Stellen mit einfallenden Straßen durch Plätze auf. |
Den Königsplatz konzipiert er nach dem Vorbild der Akropolis in Athen. Ludwig will kulturelles Leben, bürgerliche Ideale, katholisches Christentum, königliche Verwaltung und Militär gemeinsam und in Grün eingebettet sehen. Um einen mit Tempeln umstandenen Platz zu schaffen, erweitert Fischer die Brienner Straße. An den Längsseiten sollen zwei etwa 200 Meter lange Tempelbauten stehen. |
Im Architekten Leo von Klenze (1784 - 1864) findet Ludwig den kongenialen Partner. Als Kinder der Aufklärung realisieren beide ihren klassizistischen Traum von der Läuterung des Menschen durch die Betrachtung und das Erlebnis erhabener Werke der Bildenden Kunst und Architektur. Die Anlage soll weder einer bestimmten Nutzanwendung, etwa als Markt, gewidmet sein, noch der ästhetischen Überhöhung des Herrschers oder der Stützen seiner Macht wie Militär oder Aristokratie dienen. |
Die Glyptotek ist das das Gebäude für die Sammlung antiker griechischer und römischer Skulpturen.
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Ludwig will für seine leidenschaftlich gesammelten antiken und zeitgenössisch klassizistischen Skulpturen ein eigenes, der Öffentlichkeit zugängliches Museum. Die Exponate sollen nicht wie damals üblich nach Sujets, sondern der Chronologie ihrer Entstehung angeordnet werden - mit dem (heute gängigen Konzept)
ist die Glyptothek das erste Museum dieser Art in Deutschland. |
Die heutige Aufstellung ist beschränkt auf griechische und römische Werke. Klenzes Bau ist eine der harmonischsten, feinsinnigsten und proportionssichersten Schöpfungen des europäischen Klassizismus und in der Konzeption der Glyptothek als 'Pantheon' der Bildhauerkunst König Ludwigs persönlichstes Werk. |
Gegenüber der Glyptothek sind die Staatlichen Antikensammlungen, eine
der größten in Deutschland für Griechische, Etruskische und Römische Kunst.
Alle drei klassischen Säulenformen finden sich auf dem Königsplatz, Ausdruck der engen Abhängigkeit, in der die Gebäude zueinander stehen. Hinzu kommt ihre streng axiale Anordnung entlang der Straße. Zieblands Bau steht der Glyptothek Leo von Klenzes spiegelsymmetrisch gegenüber und das klassische Prinzip der Symmetrie findet sich endlich auch in der Gliederung der einzelnen Fassaden, besonders emphatisch bei den Propyläen mit ihren beiden wuchtigen Türmen. |
Die Nazis pervertieren mit haarsträubendem Unverständnis für die Konzeption Ludwigs und seiner Architekten den heiter-erhabenen Ort zum Schauplatz ihres düsteren Blut-und-Todeskults in der "Stadt der Bewegung". Nach der ''Machtergreifung'' entstehen im nahegelegenen "Braunen Haus", der Zentrale der NSDAP in der Brienner Straße Pläne, den Königsplatz als Raum für propagandistische Spektakel zu nutzen. Hierfür zerstören sie die ausgewogenen Proportionen des Platzes, indem sie ihn jenseits der Arcis- und Meiserstraße mit dem monströsen Gebäueriegel aus "Führerbau", "Ehrentempel" und "Verwaltungsbau" zugleich sprengen und abschnüren: Glyptothek, Ausstellungsgebäude und Propyläen verkommen zur etwas klein geratenen Theaterkulisse. |
Leere Stadtsäckel führen zu einer epidemischen Häufung kommerzieller Veranstaltungen auf dem Königsplatz. Kaum vergeht im Sommer ein Wochenende, an dem nicht aus dem öffentlichen Ruheraum ein Disneyland für zahlende Kundschaft wird, die sich je nach Selbstverständnis und gebotener Begleitmusik mit Prosecco oder Bier in der Hand an der Aura des Platzes ergötzt. Chemietoiletten, Ticketbuden, Absperrgitter und Kabelbäume komplettieren die Show.
Auf drei schriftliche Anfragen reagiert die Evangelische Kirche nicht ... |